KI im Recruiting – Sinn oder Unsinn?

KI im Recruiting – Sinn oder Unsinn?

Dieses geschlechtsneutrale Bild zum Thema «KI und Recruiting» wurde durch KI generiert.

Kann Künstliche Intelligenz (KI) bei der Rekrutierung, der Talent-Akquisition helfen? Sinn oder Unsinn?

Man hört heute vermehrt den Begriff «People and Culture» als Teil der oder Synonym für die Personalabteilung bzw. das HR. Eigentlich sehr schön, strahlt es doch Empathie, Wertschätzung und Emotionalität aus. Und gleichzeitig wendet man für das Anschaffen, Anheuern, Akquirieren bzw. die Rekrutierung von neuen Talenten KI an? Ein Widerspruch?

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KI im Bewerbenden-Management

Bei Massen-Rekrutierungen mit einfachen Profilen und wenigen, präzisen und allgemeingültigen Kriterien kann ich mir den Einsatz von KI sehr gut vorstellen. Das wird seit Langem über die automatisierte Dokumentenanalyse gemacht. Mit den neusten Versionen der KI wird dies sicher noch besser. Bei Tausenden von Bewerbungen macht das auch Sinn.

Delegiert man die Primärselektion an Künstliche Intelligenz, weil man überfordert ist?

Bei anspruchsvolleren Profilen von Spezialisten und Führungskräften finde ich es allerdings ein Armutszeugnis der Recruiter, den wichtigsten Schritt der Erst-Triage an ein System delegieren zu müssen. Weil man es selbst überfordert ist? Es gibt ~8 Milliarden Menschen auf der Welt mit entsprechend vielen Lebensläufen, wobei jede/-r einzelne mit anderen Worten und mit persönlichen Formulierungen geschrieben ist.

Menschen hinter den geschriebenen Lebensläufen sind in der Regel viel interessanter, als ihre Dokumente interpretieren lassen.

Meine Erfahrung als Personalberater ist, dass die Menschen hinter den geschriebenen Lebensläufen in der Regel viel interessanter und passender sind, als die Dokumente interpretieren lassen. Und übrigens und überraschenderweise: Je höher und anspruchsvoller die Position der Bewerbenden, desto häufiger ist dies der Fall, d.h. desto «schlechter» sind die Lebensläufe und «interessanter» die Persönlichkeiten.

Fazit: Es ist für mich ein Widerspruch, nach aussen über People and Culture (oder ähnlich) zu sprechen und im Hintergrund die Primärselektion der KI zu überlassen.

KI in der Evaluation

Eine spannende Herausforderung für die Beurteilung von Bewerbungen ist der Umstand, dass Dokumente mittels KI verbessert wurden und somit möglicherweise nicht mehr der Persönlichkeit der Bewerbenden entsprechen. Es werden schön brav alle Stichworte des Profils / Inserates verteilt über das Dokument eingesetzt. Es tönt fast zu gut, um wahr zu sein. Ein Bewerbenden-Management-System (BMS) wird darauf positiv reagieren, ein Interview dagegen könnte zur Zeitverschwendung werden. Vielleicht hilft die KI einmal, sich selbst in den Dokumenten wiederzuerkennen und ein Fragezeichen auszugeben?

Eine Art KI wird heute auch bei Online-Assessments eingesetzt. Mit der generativen KI dürften hier die Analysen noch besser und persönlicher werden. Bei diesem Schritt verifiziert man ganz spezifische Persönlichkeitsmerkmale, Kompetenzen und kognitive Fähigkeiten im Abgleich mit präzisen Anforderungen einer Position. Eine gute Sache. Aber auch hier ist angebracht, die Resultate der Analysen mit den Gesprächen und weiteren Abklärungen abzugleichen.

Achtung: Einheitsbrei

KI für Inserate und Profile

HR-Systeme erlauben inzwischen auch, mit wenigen Stichworten und Anforderungen schöne Inserate zu schreiben und direkt auf den Plattformen zu veröffentlichen. Wer ChatGPT schon eingesetzt hat, wird feststellen, dass Formulierungen immer ähnlich sind. Es entsteht ein Einheitsbrei, der auch den Bewerbenden auffallen dürfte. Bei einfachen Profilen dürfte dies passen, bei anspruchsvolleren Rekrutierungen werden Unternehmen damit keine Rennen gewinnen. Das Employer Branding dürfte leiden.

KI im Personalmanagement

Im Personalmanagement mit Richtlinien, Prozessen, Planungen dürfte KI eine grosse Hilfe bedeuten. Auch im Monitoring z.B. der Mitarbeiterzufriedenheit, im Gesundheitsmanagement etc. bringen für HR und Mitarbeitende wertvolle Verbesserungen.

Sinn oder Unsinn?

KI wird in vielen Belangen der Menschheit und in Zusammenhang mit der Betreuung von Menschen Erleichterung bringen und macht somit Sinn. Wo sachliche und faktische Informationen wie Daten, Bilder, Töne analysiert werden sollen, schlägt KI den Menschen und unterstützt ihn auch.  Solange jedoch die künstliche Intelligenz nicht fähig ist, unsere Gedankengänge und Gefühle zu ermitteln und in Kontext zu stellen, ist im ersten und wichtigsten Schritt der Rekrutierung KI meines Erachtens Unsinn. Ich würde hier der künstlichen Intelligenz die Entscheidungsgewalt verwehren.

Sind Sie meiner Meinung? Oder denken Sie darüber ganz anders? Lassen Sie uns ins Gespräch kommen.  Ich lerne gerne dazu.

Dieser Artikel wurde auch in unserem ‚Recruiting+Bewerbung Blog‚ auf Linkedin publiziert.