Coaching – Sogar Entlassungen sind Employer Branding. Werden diese mit der nötigen Sensibilität, Kommunikation und ehrlichen Unterstützung vorgenommen, ist dies ein Zeichen hochstehender Kultur im Umgang mit dem grössten Asset «Mitarbeitende». Das Echo im sozialen Umfeld der Entlassenen wird positiv ausfallen. Simple Kündigungen dagegen verbreiten sich über den Stammtisch viral und endlos. Den Managern persönlich wird die Hauptverantwortung für die missliche Lage angeheftet.
Beitrag von CHRISTOPH HILBER, P-CONNECT
Download des Interviews als PDF. Auf www.unternehmerzeitung.ch/VR-Praxis Heft 10.2020 veröffentlicht.
GELD GENÜGT NICHT
Oft höre ich: «Wir zahlen den Entlassenen zur Unterstützung bei der Jobsuche einen zusätzlichen Monatslohn. Jeder soll damit machen, was ihm am Besten hilft.» Trugschluss, das Geld verfehlt den eigentlichen Zweck. Meine Erfahrung: Die meisten Entlassenen führen privat ein klares Kostenmanagement ein. Alle unnötigen Kosten werden gestrichen. Der zusätzliche Monatslohn verschafft etwas Luft und reduziert anfangs etwas den Druck, sofort einen neuen Job haben zu müssen. Einen Teil des Zusatzlohnes in ein Karriere-Coaching zu investieren, steht weit unten auf der Prioritätenliste. Weit oben auf der Liste stehen übrigens Ferien. Zwei gefährliche Prioritäten, denn empfehlenswerter wäre, zunächst die «Hausaufgaben» zu machen und erst anschliessend eine Pause einzulegen.
COACHING HILFT DEN BETROFFENEN
Eine ehrliche, positiv kritische Aussensicht schätzen alle Klienten sehr. In jedem Fall waren sie bisher überrascht von den erfolgsversprechenden Auswirkungen einiger weniger, aber wichtiger Hinweise. Selbst gestandene Manager, welche jahrelang rekrutiert und Lebensläufe beurteilt haben, bekunden grösste Mühe mit den Hausaufgaben. Je erfahrener und interessanter die Persönlichkeit, desto lausiger ist oft die Story. Ein Basis- Coaching hilft mehr als nur bei den Hausaufgaben: Persönlichkeitsanalyse (Spiegelsicht), Lebenslauf mit zielorientierter Story (Sounding Board), Suchstrategie (Erfahrung aus dem Executive Search) und Professionalisierung der Business Social Media Profile (mehr Wirkung als erwartet). Mehr ist immer möglich: bei kritischen Fällen therapeutische Massnahmen, Briefing / Debriefing von Interviews, Ausbildungsplanung u.ä. Das Richtige richtig tun, ist der Schlüssel. Besonders in einer konjunkturellen Krise führen ein paar bekannte Headhunter oder Spontanbewerbungen nicht zum Erfolg.
HÖHERE FUNKTIONEN HABEN ES SCHWIERIGER
Junge Fachkräfte haben es bei Bewerbungen einfacher: Mit ihrem Fachwissen
«DIE MEISTEN KANDIDATEN BEREITEN EINEN ANTRAG AN GESCHÄFTSLEITUNG ODER VERWALTUNGSRAT VIEL SORGFÄLTIGER, TAKTISCHER UND ZIELGERICHTETER VOR ALS DIE EIGENE BEWERBUNG.»
sind sie klar positioniert und die Erwartungen an ihre Bewerbung sind weniger hoch. Je höher die Funktion desto grösser der Konkurrenzkampf. Gleichzeitig steigen die Erwartungen an eine professionelle Bewerbung. Der Stil einer Bewerbung wird gleichgesetzt mit dem Arbeitsstil im Alltag. Meine Erfahrung überrascht vielleicht: Die meisten Kandidaten bereiten einen Antrag an Geschäftsleitung oder VR viel sorgfältiger, taktischer und zielgerichteter vor als die eigene Bewerbung für einen interessanten Job. Eine kritische Aussensicht im Coaching schärft die Wichtigkeit von Inhalten und Vorgehensweise.
UNTERNEHMEN PROFITIEREN MEHRFACH
Nach einer Entlassung in Würde denken die Betroffenen mit Freude an die Zeit in der alten Firma zurück. Ein simpler Rausschmiss dagegen spricht sich mehr herum als erwünscht. Ein Imageschaden, der sich beim Wiederaufschwung rächt (nicht nur Kununu lässt grüssen). Mit einer zweckgebundenen Unterstützung, z.B. für ein Coaching, werden die Betroffenen nicht einfach mit etwas Geld abgespiesen. Der Arbeitgeber setzt damit Anreize, welche konkrete Wirkung zeigen und unterstreicht Sorge und Wunsch, dass Entlassene möglichst schnell wieder eine Anstellung finden.
FAZIT
Die Unterstützung von Entlassenen mit einem Coaching sollte als fixer Bestandteil von Austrittsvereinbarungen bzw. Sozialplänen betrachtet werden. Die Kosten sind relativ, wenn man den Nutzen der Entlassenen sowie Imagepflege von Firma, Management und Aktionären zusammenzählt. Der Verwaltungsrat steht in der Mitte, als Gralshüter von sozialer Verantwortung aller Stakeholder. Man erinnert sich beim Aufschwung hoffentlich gerne an das alte Unternehmen.