Mit Social Media zum Verwaltungsrats-Mandat – neues Zeugs oder zunehmend Realität?

Mit Social Media zum Verwaltungsrats-Mandat – neues Zeugs oder zunehmend Realität?

Durch Bekannte, aber öfters als Resultat einer Google-Suche oder via Social Media direkt, werde ich spontan nach einem VR-Mandat angefragt. Wenn möglich nehme ich mir die Zeit, die immer interessanten Persönlichkeiten persönlich kennenzulernen. Der Kommentar der VR-Kandidatinnen und VR-Kandidaten ist unisono: Ich netzwerke hier, netzwerke dort, lasse mich hier in die DB aufnehmen und ebenfalls dort – Resultat (fast) null. Warum?

Wie werden Verwaltungsräte denn gesucht?

Bei kotierten, international tätigen Firmen setzt sich aufgrund der Good-Governance zunehmend die Beauftragung einer Executive Search Firma durch. Dies auch, weil der VR international zusammengesetzt werden muss.

Bei den übrigen ca. 20’000 relevanten Aktiengesellschaften in der Schweiz läuft die Suche tatsächlich meist noch oft sehr familiär oder verdeckt ab. Familiär bedeutet: zunächst möglichst wenig Verwaltungsräte, nur Verwandte oder sehr eng Vertraute wie der Familienanwalt oder Treuhänder oder Banker. Und verdeckt bedeutet: man checkt die Verwaltungsräte befreundeter Firmen oder fragt befreundete Verwaltungsräte, die dann wiederum einen Freund im VR der Firma xyz haben etc. etc.

Und Social Media (SM)?

Auch Headhunter nutzen das IoP – das Internet of Personalities – für ihre Zwecke. Im Zeitalter des Digitalismus kann man sich gar nicht mehr leisten, jemanden in ein Strategiegremium zu ernennen, der sich aus innerer Überzeugung gegen «facts of life» oder «facts of business» wehrt.

Wer sucht einen Verwaltungsrat?

Meist der VR-Präsident, oft Dienstältester, der den Nutzen von Social Media noch nicht erkannt hat. Wir stellen fest, dass Chefs grosser Konzerne ihre persönlichen SM-Profile immer öfters durch Profis professionalisieren mit drei Absichten: Sie wollen ihren Mitarbeitenden, welche sowieso auf SM präsent sind, näherkommen. Dargestellt nicht gleich wie die Jungen, aber gezielt auch persönliche Informationen preisgebend, um moderner wahrgenommen zu werden. Das Bild des einsamen, realitätsfremden Kapitäns abstreifend. Auch Bewerbende sollen sich so ein besseres Bild von der Kultur eines Unternehmens machen können, wird diese doch von der Führung geprägt. In meiner Tätigkeit als Headhunter merke ich, dass sich Interessierte nicht nur die Jobs und Produkte / Dienstleistungen eines möglichen Arbeitgebers anschauen, sondern auch die Führungspersönlichkeiten studieren. Sie möchten für einen modernen Winner arbeiten, nicht für einen «von gestern». Und der dritte Grund für ein gutes Profil ist die Eigenwerbung, um z.B. für VR-Mandate gefunden und beurteilt werden zu können.

Das Gute an der VR-Position ist, dass man sich dafür interessieren kann, ohne die aktuelle Position zu gefährden. Ergo: Lassen Sie die Welt wissen, dass Sie für ein VR-Mandat bereit sind, und liefern Sie gleichzeitig auch das ‘Weshalb’ mit. Einfacher als in einem LinkedIn oder Xing Profil kann man sich gar nicht präsentieren – Stärken, konkrete Erfahrungen mit Produkten und Märkten, Mehrwerte, wie Sie «ticken» etc etc. Die VR-Profile werden zunehmend anspruchsvoller, da diese nicht mehr generisch sind, sondern klar auf strategische Ziele fokussiert sind. Wenn man sich im SM-Profil auf die wirklichen Kernerfahrungen und -kompetenzen konzentriert, wird es einfacher und interessanter.

Zugegeben: Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass es nicht ganz einfach ist, seine persönliche, umfassende Innensicht in eine einfache, kompakte Story zu verdichten. Dafür gibt es neu Social Media Consultants, welche Sie bei der Entwicklung knackiger Profile unterstützen und hilfreiche Tipps kennen.

Und Angst vor den Datenkraken?

Viele verweigern sich den Social Media aus Gründen der Privatsphäre. Wer Verwaltungsrat werden möchte, tritt über das Handelsregister automatisch in den öffentlichen Bereich. Mit einem taktisch selbst erstellten SM-Profil steuert man den Informationsfluss gezielt und kann diesen auch anpassen. Und übrigens sind die Spuren, welche man über Kreditkarten und Webseiten generiert, meines Erachtens für Datensammler viel interessanter als gute SM-Profile. Fragen Sie Ihre eigene Firma, welche Daten sie sammelt.

Fazit

Eine Garantie zu einem VR-Mandat kann niemand geben. Auch passt nicht jeder und jede in jeden Verwaltungsrat. Wer eine Strategie auf mehreren Kanälen fährt, hat einfach die grösseren Chancen. Netzwerken Sie unbedingt weiter, vergessen Sie aber Ihr Social Media Profil nicht. Es wird mit Sicherheit besucht.

 

Autor
Christoph Hilber als Managing Partner von P-Connect fokussiert im Executive Search auch auf die Stufe Verwaltungsrat / Verwaltungsrätin. In diesem Zusammenhang schreibt er regelmässig Artikel in verschiedenen Medien wie z.B. in der Unternehmerzeitung, Teil VR-Praxis / Verwaltungsrat persönlich.