Frauen mit einem Pakt machen Karriere

Frauen mit einem Pakt machen Karriere

Fazit vorweg: Die CEO einer Frauenorganisation bekam recht, als sie mir prophezeite, dass eine Verwaltungsrätin mit meinem ganz spezifischen Profil nicht zu finden sei. Dies sollte aber zu denken geben.

Beitrag von CHRISTOPH HILBER, P-CONNECT

Download des Interviews als PDF.  Auch auf www.unternehmerzeitung.ch/VR-Praxis Heft 6.2020 veröffentlicht.

Was war gesucht *): Eine Frau, die heute Verwaltungsrätin ist, in ihrer Karriere aber eine längere Baby-/ Familienpause machte, bevor sie sich nach dem Wiedereinstieg über Positionen mit P/L- und Management-Verantwortung bis in einen Verwaltungsrat weiterentwickelte. Ausgeschlossen waren Frauen, welche nebst ihren Fachkenntnissen aufgrund der Besitzverhältnisse in einen VR berufen wurden. Die Absicht war, Denkanstösse zur Förderung der Gleichstellung der Frauen in Management und VR von einer selbst direkt betroffenen Frau zu erhalten und zu publizieren. Diese Idee entsprang dem Schweizer Frauenstreiktag im Juni 2019.

Resultat: Profil nicht gefunden oder passende Verwaltungsrätinnen, welche sich dazu nicht äussern wollten. Dies obwohl ich mein Glück über Inserate und Gespräche mit vielen namhaften Frauenorganisationen suchte.

Meine Schlussfolgerungen lassen sich in der folgenden Tabelle darstellen:

Frauen mit Karriereabsichten, ohne Kinder:

Grün: Kein Handlungsbedarf; sie haben dieselbe Ausgangslage wie Männer und verfolgen dieselben Ziele. Die / der Bessere steigt auf. Quotenregelung und Frauenförderungsmassnahmen unterstützen bereits.

Frauen mit Karriereabsichten, mit Kindern:

Gelb: Alle Verwaltungsrätinnen mit Kindern, zu denen ich Kontakte hatte, kehrten spätestens nach dem Mutterschaftsurlaub wieder zurück in ihren Job und verfolgten ihre Karriere weiter. Die Kinderbetreuung wurde extern unterstützt und durch persönlichen Mehreinsatz der Eltern erledigt. Viele wählten den Weg über eine Selbständigkeit, um Arbeit und Familie flexibler zu vereinbaren. Diese Gruppe findet man bereits häufig in VRs kotierter Firmen, vermehrt jedoch in VRs von Kleinfirmen oder sozialen / öffentlichen Einrichtungen wieder. Für diese Gruppe ist der Handlungsbedarf klar, nämlich mehr und flexiblere Kinderbetreuungsangebote und Firmenkulturen, in denen Karriere nicht primär von Meetings vor 8h oder nach 18h abhängt.

Rot: Verwaltungsrätinnen mit gesuchtem Profil, welche mehrere Jahre ausschliesslich Familien- / Kinderpause gemacht haben, habe ich keine gefunden. Wiedereinsteigerinnenprogramme und Lohnanalysen lassen darauf schliessen, dass interessierte Frauen den Weg zwar zurück in eine Erwerbstätigkeit finden, nicht aber auf die oberen Führungsstufen. Diese Gruppe müsste vermehrt aufgeklärt werden, welche Konsequenzen eine Pause von mehr als einem Jahr auf die Erosion von Fachwissen hat. Sie wird als Hauptgrund genannt für den verpassten Karriereanschluss.

Frauen ohne Karriereabsichten, mit oder ohne Kinder:

Karriere muss nicht immer Geschäftsleitung oder Verwaltungsrat bedeuten. Es steht jeder Frau und jedem Mann auch zu, keine berufliche Karriere machen zu wollen. Es könnte trotzdem hilfreich sein, diese Gruppe über positive Aspekte von Weiterentwicklung im Job, Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu sensibilisieren.

Ein Pakt in Stein gemeisselt

Wünscht sich eine Frau die klassische Rolle der Mutter / Hausfrau und überlässt dem Mann die Karriere, soll dies mit Respekt anerkannt werden. Was Karriereeltern an Dritte outsourcen, übernehmen Profi-Mütter nämlich selbst: die Pflege unseres Nachwuchses sowie die Weitergabe von grundlegenden Werten. Nicht die KITA-Betreiber, sondern die Mütter und Väter müssten einen Gesinnungswandel vorantreiben, nach dem Mädchen mit dem gleich intensiven, intrinsischen Drang nach einer Karriere durch die Ausbildung und ins Berufsleben hineinwachsen wie die Jungs.

Um mehr Frauen in Führungspositionen und Verwaltungsräten zu finden, müssen Frauen und Männer zudem die klassische Rollenverteilung Frau=Mutter, Mann=Ernährer überdenken. Die Frauen müssen die Rolle des (Mit-) Ernährers einfordern. Es genügt nicht, sich zu verlieben, an Heirat und Kinder zu denken und den Aspekt der Karriere zu ignorieren oder zu verschieben. Vor dem Kinderkriegen ist ein klar ausgesprochener Pakt zwischen Frau und Mann nötig, der die Rollen Ernährer und Kinderbetreuung inkl. Finanzierung abspricht. Will eine Frau eine Karriere machen, ihr Partner lehnt dies aber ab, darf sie sich nicht durch Heirat oder Kinder in seine Abhängigkeit begeben. Männer dagegen täten gut dran, den Anspruch von Frauen auf eine Karriere als völlig normal zu betrachten.

 

Fazit

Will eine Frau wirklich eine Karriere in Top-Positionen machen, aber auf den Kinderwunsch nicht verzichten, wird sie kurz nach der Geburt wieder an ihrem Arbeitsplatz erwartet. Wenn ein verbindlicher Karriere-Pakt mit dem Partner wie eine voreheliche Paartherapie erscheint, dürfte es sicherlich effizienter sein, diese Diskussion vor der Eheschliessung, statt nach Geburt des ersten Kindes zu führen.

*) Ganzes Profil und ursprüngliche Absicht finden Sie hier: www.p-connect.ch/verwaltungsraetin-gesucht