
Das Votum auf dem Podium zum Thema 50+ war: « ..das Alter überhaupt weglassen …». So gesagt an der Panel Diskussion am HR Festival 2025 in Zürich.
Der Kontext war: Wie gehen Firmen und Recruiter mit Bewerbenden 50+ um. In den Firmen wird das Alter offenbar den Präferenzen jüngerer Führungskräfte untergeordnet – so zwei Publikumsantworten auf die entsprechende Frage.
«Alter weglassen – zu schön, um wahr zu sein»
Die Votantin, selbst Unternehmerin, empfahl, das Alter als Entscheidungskriterium grundsätzlich wegzulassen. Für die Bewerbenden 50+ zu schön, um wahr zu sein, wären sie doch froh, wenn man auf ihre Kompetenzen und Erfahrungen fokussieren und das Alter ignorieren würde. Dass das Alter ein Problem ist, kann also nicht an den Bewerbenden liegen. Das Problem ist eindeutig bei den Unternehmen zu verorten. Die Unternehmen bewirtschaften das Thema Alter, nicht die Bewerbenden.
Vorurteile sind Vorurteile
Gegenüber älteren Menschen halten sich die klassischen Vorurteile sehr hartnäckig: zu teuer, zu unflexibel, zu un.., zu un.. – nicht viel Gutes. Dabei gibt es unzählige Gegenbeispiele.
Vorurteile gegenüber Jungen gibt es jedoch auch: Was bietet die Firma mir? Inhalt ist sekundär, Rahmenbedingungen zählen: Ferien, Homeoffice, bezahlte Ausbildung, Teilzeit, geregelte Arbeitszeiten, und nebenbei – was muss ich tun? Dabei ist die Mehrheit der Jungen leistungswillig und -bereit.
Warum nicht sämtliche Vorurteile weglassen und auf einen Bewerbungsprozess setzen, welcher klar auf Kompetenzen, Erfahrung und Entwicklungspotenzial setzt?
«Alter ist eine Zahl, nicht ein Verwesungsprozess»
Nein – das Alter nicht weglassen ..
… sondern als Zahl betrachten und nicht als Verwesungsprozess. Als Personalberater habe ich viele junge Bewerbende kennengelernt, welche den ‘Alten-Vorurteilen’ bestens entsprachen. Und ebenso viele Bewerbende 50+, welche nach ihrer Vitalität weit unter 50 zu positionieren waren. Das Individuum und seine Persönlichkeit zählen. Leider verpassen viele 50+ die Chance, sich mit einer zielorientierten Bewerbung von den one-klick-Bewerbungen aus den Social-Media zu differenzieren. Und leider verstehen viele junge Recruiter nicht, das Potenzial von 50+ richtig einzuschätzen. Zweimal negativ wird hier nicht positiv.
Alters-Strategien – bevor es zu spät ist
Das Publikum schwieg auf die Frage, wer der Anwesenden über eine Strategie im Umgang mit Bewerbenden 50+ verfüge. Eigentlich dramatisch, wenn kurz zuvor über den Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftemangel heute und noch viel schlimmer von morgen gesprochen wurde. Die Antwort bestätigt eine nicht repräsentative Umfrage von P-Connect zum diesem Thema: Die Firmen haben KEINE Alters-Strategien, weder Strategie 50+, noch Strategie 65+. Im besten Fall vielleicht eine Strategie für die Generation Z. (Link zur Umfrage). Ohne explizite Strategie im Umgang mit dem Alter (20J+) wird die Personalsuche noch viel schwieriger als heute.
Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen wecken
Das Thema Alters-Strategie gehört auf die Agenden von VR und GL. Viele sind sich deren Brisanz nicht bewusst. Das HR müsste den Weckruf ausschreien. Alle Führungskräfte müssten auf (Alters-) Diversität geschult werden. Die Rekrutierenden müssen so reif sein, dass sie die Altersdiversität proaktiv mitgestalten können und die Altersangaben in einem CV als Offenheit und Selbstwert schätzen und nicht als einfachstes Absageargument.
Kompetenzen und Erfahrung gewinnen
Dieser Beitrag suggeriert nicht, primär Bewerbende 50+ einzustellen. Die faire und vorurteilslose Betrachtung von Kompetenzen, Erfahrungen, Motivation …  und  … Alter sollte entscheidend sein. Das Alter nicht an erster Stelle, sondern am Ende. So wie man auch andere Diversitäts-Merkmale sachlich beurteilt.
«Eine sinnvolle Arbeit zu fairen Konditionen»
Sinnhaftigkeit und Fairness
Dies gilt für jüngere und ältere Menschen gleich: Sinnhaftigkeit im Sinne von Tätigkeit, welche möglichst den Kompetenzen, Fähigkeiten und idealerweise auch persönlichen Zielen entsprechen. Fairness im Sinne von «gleicher Lohn für gleiche Aufgabe / Verantwortung». Als Personalberater und Coach erlebe ich laufend, dass für Bewerbende 50+ Sinnhaftigkeit im Vordergrund steht, der Lohn dagegen mit tiefer Priorität mit dem Attribut ‘fair’ weit unten. Das Vorurteil ‘zu teuer’ stimmt eindeutig nicht. Das HR ist für Klärung dieses Vorurteils in der Pflicht.
Fazit:
Das Alter ist etwas Schönes, jeder Mensch wird täglich älter (und hoffentlich weiser)!
Alters-Strategien sind ein Muss – der Arbeitskräftemangel droht (und die unvermeidliche Verschiebung des Rentenalters)
Jeder Mensch hat das Recht, als voll betrachtet und fair behandelt zu werden.
Haben Sie in Ihrem Unternehmen eine Alters-Strategie? Lassen Sie uns darüber diskutieren. Ich freue mich auf Ihre Nachricht.
Dieser Artikel wurde auch in unserem ‚Recruiting+Bewerbung Blog‚ auf Linkedin publiziert.
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