
Die Regelung der Nachfolge in KMUs ist schwieriger als in Grossfirmen. Warum? Weil es sich meist um Lebenswerke handelt und um Loslassen, was sehr oft schwerer fällt als erwartet.
Das Wichtigste gleich zu Beginn
Nachfolge heisst auch Loslassen. Nicht-Loslassen ist der häufigste Grund für ein Scheitern bei KMUs bei Teil-Verkauf und Nachfolge ohne Besitzwechsel. Als Personalberater begegne ich vielen gescheiterten Nachfolgeregelungen. Gescheitert warum? Die Nachfolge bringt meist neue Ideen, eine neue Sicht, eine neue Vision – Meinungsverschiedenheiten mit dem ehemaligen Chef sind vorprogrammiert und führen sehr schnell zu Trennungen.
Nachfolge ohne Änderung des Besitzstandes
Wenn sich der Inhaber aus dem operativen Geschäft zurückziehen will, aber Inhaber bleiben will, dann ist es reine Personalfrage. Wenn intern geeignete Mitarbeitende verfügbar sind, ist diese Version zu empfehlen. Wenn nicht, macht es Sinn, eine Suche mit externer Hilfe zu starten. Dies ist wichtig, um den Markt besser auszuschöpfen, strukturierte Abklärungen zu machen und eine Aussensicht zu erhalten.
Sobald jedoch die Nachfolge mit Beteiligung bzw. langfristiger Übernahme kombiniert wird, sollte man sich wie im Verkaufsfall verhalten.
Nachfolge mit (Teil-) Verkauf
Bei KMUs ist in diesem Fall die Grösse entscheidend. Als Grösse sind in der Regel verschiedene Parameter in Kombination relevant: Umsatz, Anzahl Mitarbeitende, langfristige Verpflichtungen, Substanz, Gewinn, Zukunftspotenzial u.a. Je grösser diese Parameter, desto anspruchsvoller wird eine Nachfolgeregelung.
- Emotionale Werte
Beim Verkauf eines KMU’s stehen einem objektiven Vorgehen meistens die emotionalen Werte im Wege. Dies ist zwar verständlich, handelt es sich beim Unternehmen meist um ein Lebenswerk. Nachfolger haben sehr oft andere und neue Ideen, welche nicht der Tradition entsprechen. Es lohnt sich, die Kompatibilität der Zukunftsvision zu klären, wenn dies im Vordergrund steht.
- Teil- oder vollständiger Verkauf
Ein Teilverkauf oder Verkauf über mehrere Jahre (Earn-out) wird meist bei einer internen Nachfolge gewählt, weil die Nachfolger oft nicht über die finanziellen Mittel verfügen. Wer nicht wirklich bereit ist, loszulassen, sollte unbedingt einen Gesamtverkauf wählen. Alles andere führt in 99% der Fälle zu Differenzen.
- Organisation
KMUs sind in der Regel sehr stark vom Patron-Modell geprägt. Der Erfolg steht und fällt mit dem Inhaber und Chef, der zwar wertvolle Mitarbeitende hat, aber trotzdem alle Entscheide fällt. Fällt der Patron weg, entsteht ein Vakuum mit negativen Folgen. Für einen Verkauf sollte die Organisation im Verwaltungsrat und im operativen Bereich so entwickelt werden, dass der Patron langfristig ausfallen könnte. Dies ist eine langfristige Aufgabe, welche ca. 5 Jahre im Voraus angegangen werden sollte. Dazu gehören auch Reglemente, in welchen Verantwortlichkeiten und Kompetenzen festgehalten sind, die auch gelebt werden. Eine erste Stufe des Loslassens!
- Stärken / Schwächen kennen
Beim Verkauf eines Unternehmens entsteht immer eine Art Dramaturgie zwischen Verkäuferschaft und Kaufinteressenten. Die Verkäuferschaft sieht nur die Chancen, um einen fairen bzw. hohen Preis zu erzielen. Die Interessenten reden primär über die Risiken, um den Preis zu drücken. Wer seine Stärken kennt (USPs), aber auch seine (ehrlichen) Schwächen, kann besser verhandeln. Besonders seine Schwächen sollte man kennen, um die oft lange Liste von Risiken einfacher entkräften zu können.
- Professionelle Buchführung
Eine professionelle Buchführung inkl. Revision (oder Führung durch Dritte) mit Branchen-Kennzahlen und Reporting ist ein Muss für einen Verkauf. Die Zahlen sollten je nach Branche für 5-10 vergangene Jahre zur Verfügung stehen. Fehlt eine Buchführung, wird ein Verkauf harzig, da die Grundlage für eine Bewertung und Beurteilung fehlt.
- Trennung privat / geschäftlich
In den meisten inhabergeführten KMUs gibt es Überlappungen zwischen privat und geschäftlich. In der Regel handelt es sich dabei um Vermögenswerte und laufende Ausgaben (Liegenschaften, Autos, Dienstleistungen u.ä.). Bei Aktiengesellschaften findet man häufig einen Verwaltungsrat vor, welcher aus Familienmitgliedern und engen Freunden besteht. Es ist sinnvoll, ca. 5 Jahre vor einem Verkauf eine strikte Trennung vorzunehmen und den VR mit externen Mitgliedern neu zu gestalten.
- Professionelle Hilfe
Bei einem Umsatz ab 5-10 Mio CHF ist externe Unterstützung durch Spezialisten ein Muss. Sie helfen bei Vermarktung, Dokumentation, Bewertung, Rechts- und Steuerfragen. Mit ihrer Aussensicht bringen sie die notwendige Coolness und Objektivität in den Deal und sind sich gewohnt, die preissenkenden Argumente der Interessenten zu kontern. An Unternehmen mit geringeren Umsätzen oder fehlender Governance (Finanzen / Organisation) sind diese Spezialisten allerdings nicht interessiert, da der Aufwand für eine Vermarktbarkeit zu gross ist. Vorarbeit lohnt sich deshalb auf alle Fälle.
- Kommunikation
Ein heikler Punkt. Kommunikation zur falschen Zeit verunsichert sowohl nach innen wie nach aussen. Eine Nachfolge bedeutet immer Unsicherheit, insbesondere solange diese nicht ganz klar geregelt ist. Mitarbeitende suchen im Arbeitsmarkt nach Alternativen und Kunden prüfen Konkurrenzangebote für den Fall, dass … Es empfiehlt sich, Verkaufsanstrengungen extrem vertraulich zu behandeln und erst nach erfolgtem Abschluss zu kommunizieren. Kaufinteressenten werden das Unternehmen persönlich und vor Ort inspizieren und Daten prüfen zu wollen. Für häufige und untypische Besuche sind taktische Erklärungen nötig, um nicht Gerüchte entstehen zu lassen.
- Bonussystem
Ein Verkauf ist hoffentlich mit einem interessanten Erlös verbunden. Es wird sich auszahlen, die Belegschaft über eine Art Bonus am Erlös zu beteiligen. Sie wird schliesslich «mitverkauft» und hat ihren Beitrag zum Wert des Unternehmens beigetragen. Es lohnt sich, als Teil des Verkaufs einen Bonus an die Mitarbeitenden auszuhandeln. Eine Beteiligung ist fair, wertschätzend, unterstützt das Image eines guten Patrons und macht einen Verkauf sozial verträglicher zumal sich die Verkäuferschaft nach dem Verkauf weiterhin im bestehenden sozialen Umfeld bewegt.
- Loslassen
Und dann gilt, was anfangs erwähnt wurde. Nach einem Verkauf sollte man den Nachfolgern das Zepter übergeben. Die Verkäuferschaft hat sich bei der Wahl der Nachfolge etwas überlegt. Nach Abschluss einer Transaktion ist es nicht angebracht, die Nachfolge zu kritisieren, denn sie kritisieren sich damit selbst.
Für K(M)Us gilt im Prinzip dasselbe. Allerdings sind mangels Grösse und Mitteln einige Punkte nicht machbar. Wenn sich eine Nachfolge nicht über das eigene Netzwerk anbietet, dann stehen verschiedene Online-Plattformen zur Verfügung, wo sich Verkäufer und Käufer treffen.
Bei einer Nachfolge geht es am Ende immer um Geld. Je professioneller ein Unternehmen organisiert ist, desto einfacher ist eine Nachfolge und desto klarer der Preis.
Dieser Artikel wurde in der «Unternehmerzeitung“ Ausgabe Februar 2025 und auch in unserem ‚Recruiting+Bewerbung Blog‚ auf Linkedin publiziert.
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